Bewegungschmerz bei Hunden

Bewegungsschmerz beim Hund

Was du über das Schmerzempfinden des Hundes wissen solltest

 – Ein Gastbeitrag von Hundephysiotherapeutin Martina Flocken –

Es ist heutzutage unvorstellbar, doch bis in die 1980er Jahre ist man davon ausgegangen, dass Hunde keinen Schmerz empfinden. Erst dann wurde klar, dass Hunde Schmerzen wie wir Menschen empfinden. Daher haben sie auch dieselben Auswirkungen auf das hündische Leben.

Wie empfinden Hunde Schmerz?

Auch wenn es eine ganze Reihe typischer Anzeichen für Schmerzen gibt – besonders wenn es sich um einen Schmerzgeschehen handelt, dass den Bewegungsapparat betrifft – ist Schmerz auch beim Vierbeiner immer natürlich ein Stück weit individuell.

Wie stark oder schwach ein Schmerz empfunden wird, ist abhängig von der Konstitution aber auch vom Charakter. Wie bei uns Menschen gibt es jene, die hartgesotten sind und eine hohe Schmerztoleranz haben.

Extrawissen: Wichtig insbesondere bei unseren Vierbeinern ist: Hunde simulieren niemals. Sie täuschen keinen Schmerz vor, um etwas zu erreichen!

Auswirkungen von Schmerzen auf das Leben des Hundes

Wenn ein Hund unter Schmerzen leidet, beeinträchtigt das seine Lebensqualität signifikant. Ganz besonders, wenn es sich um einen chronischen Schmerz handelt.

Die Lust am aktiven Leben teilzunehmen sinkt. Der Hund zieht sich aus seinen sozialen Kontakten zurück – sowohl menschliche als auch hündische Kontakte – die Folge sind ist eine gewisse Isolation.

Schmerz macht unleidlich. Das kennst du sicher von dir selbst. Wenn man unter z.B. Kopfschmerzen leidet, ist man schlecht gelaunt und reagiert möglicherweise gereizter als sonst. So kann man auch bei vielen Hunden, die unter Schmerzen leiden beobachten, dass sich ihr Sozialverhalten ändert. Das fängt beim Rückzug an und hört bei abweisenden oder aggressiven Verhalten auf.

Der Schmerz wird zum ständigen Lebensbegleiter und zum Krankheitsbild.

Und obwohl es den Menschen bekannt ist, dass Hunde Schmerz spüren, fehlt es in vielen Fällen zum einen daran, klar zu erkennen, dass der Hund Schmerzen hat, aber auch in der Konsequenz an einem adäquaten Schmerzmanagement.

So sieht man häufig Vierbeiner, denen ganz offensichtlich beispielsweise der Rücken schmerzt. Oder das Knie, aufgrund der Arthrose bei jedem Schritt weh tut. Doch die Hundehalter erkennen es nicht. Vielfach hört man „Der ist halt schon älter.“ oder „Irgendwann hat er halt angefangen so zu laufen!“. Auch die Aussage „Der simuliert nur, der hat einfach keine Lust mehr zu laufen!“ ist etwas, was mir schon oft begegnet ist.

Das Bewusstsein für den hündischen Schmerz fehlt

Natürlich ist es problematisch, dass unsere Hunde nicht mit uns sprechen können. Wie schön wäre es doch manchmal, wenn wir sie fragen könnten, wo es gerade ziept. Dennoch haben sie eine klare Kommunikation und somit gibt es auch eine ganze Reihe Anzeichen, woran man auch als Laie erkennen kann, dass der Hund Schmerzen hat.

Was passiert, wenn ein Hund Schmerzen im Bewegungsapparat hat?

Hier kann man sich die Frage eigentlich schon fast selbst beantworten. Wenn das Schmerzempfinden unserer Hunde so ist wie bei uns Menschen, fragen wir uns doch selbst einmal was wir tun, wenn uns etwas weh tut.

Die Antwort liegt auf der Hand: wir schonen das Gelenk oder das Körperteil. Bewegungen versuchen wir nur so weit auszuführen, wie es für uns erträglich ist. Dafür belasten wir vermehrt andere Körperbereiche und Körperteile.

Das machen unsere Hunde ganz genauso. Das bleibt allerdings nicht ohne Folgen. Durch die mangelnde Belastung und Bewegung wird die Muskulatur am betroffenen Gelenk bzw. im betroffenen Körperbereich weniger. Da Gelenke bzw. der Gelenkknorpel über die Pumpbewegung, die durch eine Bewegung entsteht genährt werden, ist bei fehlender oder eingeschränkter Bewegung keine ausreichende Ernährung mehr gegeben. Es kommt in der Folge zu Arthrose, die Gelenkflüssigkeit wird zähflüssig etc.. Spätestens dann befindet sich der Hund im Teufelskreis. Das Gelenk wird noch mehr geschont, die Arthrose hat freie Bahn. Hier herauszukommen, wird je schwieriger, je länger man wartet.

Warum ist es wichtig, dass man etwas gegen die Schmerzen tut?

„Ach, das geht schon, der kennt das ja schon und hat jetzt schon so lange Probleme mit der Pfote.“ Genau, und vermutlich befindet sich der Hund bereits in einem Teufelskreis aus Schmerz und Arthrose in seinem Gelenk.

Auch der Schmerz ansich ist zum Krankheitsbild geworden. Wir haben nun einen chronischen Schmerz. Selbst wenn wir die Schmerzursache beseitigen, wird es lange dauern, bis der Vierbeiner wieder darauf vertraut, dass eine Belastung tatsächlich nicht weh tut.

Daher empfiehlt es sich, nicht zu warten, bis der Hund nicht mehr laufen kann und eine Belastung gänzlich verweigert. Ein frühzeitiges Schmerzmanagement ist in jedem Fall angebracht. Das bedeutet nicht, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Aber es bedeutet, dass es in unserer Verantwortung als Hundehalter liegt, dass wir die Anzeichen für Schmerzen beim Hund kennen und frühzeitig ernstnehmen und entsprechend – dem Schmerzgeschehen angemessen – handeln und behandeln lassen.

Muss es immer gleich Schmerzmittel sein?

Nicht zwangsläufig. Aber ein Hund sollte definitiv auch keine Schmerzen haben. Manchmal reicht schon eine Gabe von Medikamenten für wenige Tage oder im akuten Fall. Auch mit Maßnahmen wie Physiotherapie, Nahrungsergänzung, Bewegungstraining etc. kann ein erfolgreiches Schmerzmanagement gestaltet werden. Die Mittel der Wahl sind dabei immer individuell abhängig vom betroffenen Hund und sollte abgestimmt werden mit dem behandelnden Tierarzt oder/ Physiotherapeuten.

Häufige Anzeichen von Schmerzen in der Bewegung

Auch wenn Schmerz immer individuell ist, gibt es typische Anzeichen, die darauf hindeuten. In der Folge findest du eine kleine Auswahl an sehr häufigen Anzeichen für Schmerzen. Es handelt sich lediglich um einige häufige Symptome. Dennoch liegt es mir am Herzen, dass Hundehalter es richtig deuten können, wenn ihr Hund ein Schmerzgeschehen signalisiert und den Vierbeiner dem Tierarzt vorstellen.

Häufige Anzeichen für Bewegungsschmerzen beim Hund

  • Der Hund zeigt eine Lahmheit, die sowohl dauerhaft als auch intermittierend auftreten kann.
  • Der Hund schläft mehr und hat ein vermehrtes Ruhebedürfnis.
  • Der Vierbeiner ermüdet auf Spaziergängen schneller oder möchte weniger laufen.
  • Der Gang des Hundes ist steifbeinig oder staksig.
  • Bestimmte Bewegungen, die zuvor normal waren werden vermieden – z.B. auf das Sofa klettern.
  • Dein Hund hat Schwierigkeiten beim Aufstehen und Hinlegen und zeigt möglicherweise damit verbunden Lautäußerungen wie Schmatzen oder Seufzen.
  • Es fällt dem Hund schwer eine Ruheposition zu finden und er zeigt Rastlosigkeit.
  • Knabbern an den Gelenken kann ein Anzeichen von Gelenkschmerzen sein.
  • Die Muskulatur des Hundes wird zusehends weniger.
  • An Gelenken oder auch am Rücken sind warme Stellen zu fühlen oder der Hund ist an gewissen Körperstellen berührungsempfindlich.
  • Muskuläre Verspannungen.
  • Das Fell des Hundes ist verändert und ist struppig, schuppig, fettig oder riecht.
  • Der Hund zeigt einen veränderten Gesichtsausdruck, er hat Ränder oder Vertiefungen unter den Augen.
  • Dein Hund hechelt, schmatzt und gähnt er häufiger.
  • Das Sozialverhalten deines Hundes ist verändert, er meidet den Kontakt zu anderen Hunden oder zeigt Ängste, Unsicherheit oder sogar Aggression.

Die Anzeichen des Hundes, die auf einen (Bewegungs-) Schmerz hindeuten sind sehr vielfältig und können in den unterschiedlichsten Kombinationen auftreten. Was sie jedoch immer gemeinsam haben ist, dass sie grundsätzlich ernstgenommen werden sollten. Denn ein Hund simuliert niemals und würde wenn möglich immer erst versuchen, seinen Schmerz und körperliche Defizite zu verbergen.

Live-Webinar: „Bewegungsschmerz bei Hunden“

Martina Flocken führt ein in die Thematik des Schmerzmanagements und zeigt uns im LiveWebinar am 06.03.2020 um 18 Uhr (Klick hier), wie du deinen Hund parallel zur tierärztlichen Behandlung unterstützen kannst. Typische Bewegungsauffälligkeiten im Gangbild und deren Ursachen werden in diesem Zusammenhang vorgestellt. Am Ende kannst du deine Fragen an die Referentin stellen und deine ganz persönlichen Tipps erhalten.

 

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